Vor kurzem wurde ich beim Eröffnungsfest der Gasteiner Yogatage von der herzlichen und kompetenten Initiatorin und Yogaguide-Begründerin Elfi Mayer als einziger männlicher Yogalehrer vorgestellt. Und als ich im Publikum ebenfalls nur wenige männliche Artgenossen entdeckte, wurde mir wieder Mal klar, dass man(n) noch einiges an spiritueller Neugier und innerer Arbeit zum Nachholen hat. Denn das Motto könnte beim starken Geschlecht künftig lauten: Männer Yoga statt Burnout.
Um als Mann mit dem geschlechtlichen Ungleichgewicht umgehen zu können, ist ein gewisser Mut von Vorteil, bzw. Selbstvertrauen, Gleichgültigkeit oder der Wunsch, den Hahn im Korb zu spielen. Allerdings wird dem Showman spätestens nach der ersten Yoga-Session, bei der eine gewisse Flexibilität von großem Vorteil sein kann, klar, dass es zum Angeben zumindest eine gewisse körperliche Geschmeidigkeit braucht.
Genau diese körperliche (und nicht selten auch mentale) Grundgeschmeidigkeit fehlt vielen Männern … und auch der Schlüssel um dorthin zu kommen. Den leistungsorientierten Berufsalltag versuchen viele mit leistungsorientiertem Sport auszugleichen, bei dem es wiederum um „schneller, höher und weiter“ geht. Deswegen werden z.B. die Beinmuskeln dabei so einseitig strapaziert, dass es nicht zum ersehnten Ausgleich kommt, sondern zu einer Verstärkung der körperlichen Fehlhaltung. Da Körper und Geist aber untrennbar zusammen gehören, werden dadurch die einengenden Muster der inneren Haltung verstärkt. Diesen psychosomatischen Teufelskreis erfahren allerdings nicht nur Männer, sondern auch immer mehr Frauen, die im Leistungsdenken genauso gefangen sind … manchmal solange, bis ein Burnout die Notbremse zieht.
Vielleicht geht es auch gar nicht so sehr um eine geschlechtliche Polaritäten, sondern mehr um die männlichen und weiblichen Eigenschaften, die in allen von uns vorhanden sind. Ein erfülltes Leben wird sich wahrscheinlich erst dann wirklich einstellen können, wenn sich diese gegensätzliche Qualitäten, wie beim Ying-Yang-Zeichen, ergänzen.
Bei mir hat es einige Zeit, Muskelkater, Schweiß und Verletzungen gebraucht, bis mir klar wurde: Yoga hat eigentlich nichts mit körperlicher Leistung zu tun; und genauso wenig mit akrobatischen Verrenkungen. Sondern es geht zunächst einmal darum, so eine körperliche und psychische Balance herzustellen, dass wir uns in unserer Haut und in unserem Leben einfach wohler fühlen. Sich selbst überhaupt einmal ganz ehrlich und mutig wahr- und anzunehmen ist dabei die Grundlage für jede tiefergehende Entfaltung. Aber es geht auch um Offenheit und Vertrauen, sich zu Zeiten dem Lebensfluss (und einer höheren Kraft) einfach hingeben zu können. Wenn wir Männer (und Frauen) dies im Yoga ansatzweise erfahren, dann wird sich auch im Leben das Tor zu unserem Lebenssinn und zu unserem Herzen von selbst öffnen.
Ganz besonders hat mich bei dieser Männer-Session gefreut, dass der Künstler und Hotelier Christoph Weiermayer, mein Gastgeber im Impuls Hotel Tirol, mit so großem Enthusiasmus dabei war, dass wir uns im Herbst auf das Abenteuer einlassen, ein „Männer-Yoga-Retreat“ anzubieten.
Denn wenn nicht in diesen Zeiten, wann dann?
Wenn nicht wir Männer, die die Grenzen des Leistungsdenkens erkannt haben, wer dann?
Und wenn nicht in dem schönen Gasteiner Tal, wo dann?
Aadil Palkhival, der durch seinen intuitiven und klaren Yogaunterricht für mich eine unersetzbare Inspirationsquelle war, sagte einmal: „Dem Herzen folgen und nicht so sehr dem Kopf oder unserer Lust – das ist der einzige Weg zu mehr Magie im Leben. Lernen, auf die leise Stimme zu hören und nicht so sehr auf die lauten Stimmen des rationalen Hirns oder der blinden Leidenschaft. Nur unser Herz kann uns zu unserem Spirit, unserer Seele, führen – und unsere Seele ist das wahre Wunder.“
. . . und dieses Zitat habe ich den Teilnehmern am Ende meiner ersten „Yoga für Männer“-Einheit auf ihren weiteren Weg zu sich selbst mitgegeben.
Das Foto wurde von Bryan Reinhart während einer unserer zahlreichen Yogakalender-Shootings in Salzburg gemacht.
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Begriffe: Intuition, Männer, Midlife-crisis