„Wenn der Wind der Veränderung weht,
bauen die einen Mauern und
die anderen Windmühlen.“
Chinesisches Sprichwort
Konflikte lösen im Kleinen und Großen ist eine große und k0mplexe Kunst. Es gab noch keinen einzigen Tag in der Geschichte der Menschheit ohne Krieg und Konflikte, ohne Unterdrückung und Ungerechtigkeit. Dennoch hatte ich das Glück, bisher nur in wenigen Ländern gelebt zu haben, die von Gewalt und Repression geprägt waren. Doch trotz der friedlichen Umstände gab es zu viele unzufriedene und konfliktreiche Tage in meinem Leben.
Es gibt und gab aber schon immer Menschen, die trotz (oder wegen) konfliktvollen und gewaltsamen Umständen Frieden und Lebenssinn finden konnten, wie beispielsweise der Dalai Lama, Thich Nhat Hanh oder Nelson Mandela. Es ist nicht leicht, aber potentiell möglich, unter allen Situationen in uns Frieden erleben, schaffen und bewahren zu können. Diese resiliente Selbstwirksamkeit, Zufriedenheit und Lebensfreude ist das, was uns jede Spiritualität und jeder Lebensmoment lehren kann (auch wenn einige das für esoterischen Schwachsinn halten).
Mentales Immunsystem
Vielleicht ist es sogar ähnlich wie in der Corona-Zeit: Je mehr wir uns in Angst, Schuldzuweisungen und Wut verstricken, umso eher schwächen wir unsere eigenen Abwehrkräfte. Je größer die Angst vor großen Konflikten ist und die Wut über den bösen Feind, umso eher werden wir zu kleinen wachsenden Konflikten beitragen …. in uns und um uns. Denn Klarheit in unserem Verstand und die Offenheit in unserem Herzen sind unser mentales Immunsystem und die Voraussetzung für Konflikte zu lösen und weitreichenden Frieden zu schaffen.
Wesentliche Lebensfragen
Wenn ich meine Aufmerksamkeit vom mitreißenden Strom der Politik und den Mainstream-Medien loszureißen, von den Dramen in der eigenen Familie, von Freunden und Bekannten, dann kann ich mir die Zeit nehmen, unmittelbar und wahrhaftig nach innen zu lauschen, dann werden sich vielleicht wesentliche Fragen auftun:
Was wäre, wenn ich einmal gewissenhaft vor meiner eigenen Türe kehren würde?
Was kehre ich dabei gerne unter den Teppich und welchen Streit halte ich in mir am Brodeln? Welche Interessenskonflikte von unterschiedlichen Bedürfnissen, Begierden und Interessen gibt es in mir?
Wie gehe ich mit den eigenen unbedachten Gedankenmustern und lästigen Gewohnheiten um?
Wie sieht es mit den persönlichen Konfliktlösungen aus?
Wann habe ich zuletzt zu Friedensgesprächen in mir aufgerufen, mit all den unterschiedlichen, sich widersprechenden und sich bekämpfenden Eigenschaften?
Wann bin ich wirklich bereit – in entspannter und wertschätzender Art – mit ihnen allen eine Friedenspfeife zu rauchen?
Kühler Kopf, warmes Herz
Mein Urgroßvater Georg Palczinski wurde 1866 in der Bukowina geboren, die damals zu Österreich gehörte und heute in der Ukraine liegt. Aber nicht nur wegen dieser familiären Verbindung finde ich es wichtig, bei Konflikten einen kühlen Kopf und ein warmes Herz zu bewahren,, einen kühlen Kopf und ein warmes Herz zu bewahren und mit den Füßen fest am Boden der Realität zu stehen Es ist notwendig und deeskalierend, einen erweiterten Blickwinkel einzunehmen, der die Vergangenheit und die Zukunft inkludiert, sowie die unterschiedlichen Standpunkte aller Beteiligten und Betroffenen.
Dabei lehren uns Yoga, Buddhismus und gewaltfreie Kommunikation: Wichtiger als Worte und Aktionen sind die dahinterstehenden Absichten. Desmond Tutu, der kürzlich verstorbene großartige Vermittler und Versöhner Südafrikas, sagt: „Wenn du Frieden willst, sprich nicht mit deinen Freunden, sprich mit deinen Feinden.“ In Bezug zur Weltpolitik erscheint mir das selbstverständlich und natürlich bin ich über die unverantwortlichen Politiker erbost, die gegenteilig agieren. Aber eigentlich spreche auch ich hundert Mal lieber Schlechtes über meinen Feind, als zu versuchen mit ihm ein versöhnliches Gespräch zu führen oder einen Konflikt zu lösen.
Brückenbauende Vermittler
Was würde es in einer angespannten Situation oder in einem eskalierten Konflikt am Ehesten brauchen? Speziell dann, wenn wegen den verursachten Beleidigungen und Verletzungen die Kraft und der Wille zum Händereichen nicht mehr reichen? Zuallererst braucht es einen weisen und empathischen Vermittler, der beiden Seiten wohl gesinnt ist und diese auch verstehen kann. Denn nur mit seiner Hilfe kann jene zerstörte Brücke wieder aufgebaut werden, die alleine nicht mehr hergestellt werden kann.
Bekanntlich sind Politiker auch nur Menschen, die sich zu Zeiten allzu menschlich, pubertär oder kindisch verhalten. Deswegen braucht die Welt solch wohlgesinnte Vermittler und Friedensengel wie Desmond Tutu einer war. Denn sie verstehen wahrlich die Bedeutung des indianischen Sprichworts: „Urteile nie über einen anderen, bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gegangen bist.“
Innere Konflikte lösen
Ein zufriedenes Leben kann sich nur dann vollständig entfalten, wenn ich bereit bin, mit den inneren Feinden zu kommunizieren; mit bestimmenden Charakterzügen oder bestimmten Angewohnheiten, die ich verachte, verurteile oder für die ich mich schäme. Dazu brauche ich den Mut, hinter negative Emotionen und verletzende Reaktionen zu blicken, um Ver-rücktes wertfrei sehen und verstehen zu können.
Genauso wie zwischen Staaten oder Gruppen, am Arbeitsplatz, unter Nachbarn, in der Familie oder in der Partnerschaft ein Vermittler notwendig sein kann, so ist auch für meinen eigenen Entwicklungsprozess ein guter Freund, eine spirituelle Lehrerin oder ein erfahrener Therapeut manchmal unumgänglich, um jene schwierigen – aber erleichternden – Schritte zu gehen, Konflikte zu lösen und Zufriedenheit zu bewirken.
Tolerantes Rollenspiel
Ein zufriedenstellendes Leben gelingt leichter, wenn ich mich und die Welt nicht zu ernst nehme; wenn ich alles mehr wie ein faszinierendes Schauspiel betrachte; wenn ich dabei die richtigen Rollen zur richtigen Zeit einnehme; und wenn ich diese in einer feinfühligen, heilsamen und wahrhaftigen Art ausdrücke, ohne mich damit hundertprozentig zu identifizieren. Dann gleicht mein Leben einem natürlichen Bach, der sich in jedem Moment flexibel und selbstverständlich seiner sich wandelnden Umgebung anpasst.
Kategorie: Leben & Alltag, Spiritualität & Philosophie